Es war kurz nach 17:30 Uhr als ich auf den Parkplatz bog. In mir verflüchtigte sich langsam der Stress unpünktlich zu sein und es begann ein Gefühl der Vorfreude auf die nächsten Stunden meinen Körper zu erfüllen. Ich stieg aus dem Auto und begrüßte zwei weitere Frauen, die sich ebenfalls auf den Weg in diese etwas abgelegenere Gegend gemacht hatten. Auch sie waren freudig aufgeregt, was uns in den nächsten Stunden erwarten würde. Ich ging ums Auto und öffnete die Beifahrertür. Zügig zog ich mir eine dicke graue Strickjacke über meinen gestreiften Pulli, dann wickelte ich mir meinen dicken Schal um den Hals und zog die dickste Winterjacke an, die ich hatte. Darüber wickelte ich einen weiteren Schal und setzte meine rosa Mütze auf. Über meine Füße zog ich dicke Merino-Wollsocken bevor ich in die grau-türkisen Wanderschuhe schlüpfte und diese zuschnürte. Jetzt war ich bereit für die nächsten Stunden, dachte ich.
Dann sah ich auch schon in der Ferne ein Fahrrad um die Kurve der einsamen Landstraße biegen. Dagmar, unsere Wanderguide von einfachwandern.de, fuhr geschwind auf uns zu. Ich bewundere Dagmar. Diese zierliche und herzensgute Frau fährt bei Wind und Wetter jede Strecke mit dem Fahrrad. Ok, wenn der Weg doch sehr ist, reist sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Aber das ist bei ihr eher die Ausnahme. Heute Abend ist sie aus der Nähe von Eckernförde gekommen, bis hierher an den Großen Schierensee, der etwas südlich von Kiel liegt. Die ganze Strecke! Mit dem Fahrrad! Und diese fährt sie später auch wieder zurück! Ich bewundere diese Lebensweise wirklich sehr.
Wir gingen zu viert zu einer nahegelegenen Hütte am See. Dagmar stellte dort ihr Fahrrad unter und wir besprachen den Ablauf. Auf dem Weg zum Wald könnten wir uns gern noch unterhalten. Im Wald wäre es schöner, wenn wir in Stille den Weg beschreiten, sagte sie. Wir waren einverstanden. Und dann ging es auch schon los.
Der Fußweg entlang der Straße, der zum Wald führte, ging leicht bergauf und schlängelte sich ein wenig. Am Rand lagen Gehölzreste, welche vergessen wurden wegzuräumen nachdem man den Knick und die Hecken beschnitten hatte. Die Äste zeichneten sich dunkel auf dem Boden ab. Auf einer Anhöhe blieben wir kurz stehen und genossen die ersten Mondstrahlen der vollen Mondin, die sich durch die zarte Wolkendecke uns entgegenstreckten. Wir empfingen das Mondlicht mit Güte und Dankbarkeit. Dann drehten wir uns um und gingen langsam in den Wald. Die Bäume hoben sich majestätisch und pechschwarz in den Nachthimmel. Einige Sterne waren durch die zarten Äste hindurch zu sehen. Das Laub raschelte unter den Schritten. Ohne zusätzliches Licht gingen wir durch den Wald, der Weg schlängelte sich entlang der Uferkante des Sees. Das Rauschen des Wassers drang an meine Ohren. Die Wellen bewegten sich im zarten Rhythmus des Windes und ließen die Mondin darin tanzen. Einige Enten vergruben ihr Gesicht im Gefieder zum Schlaf. Manchen Enten waren wir suspekt und sie entschieden sich davon zu fliegen. Ein Fischreiher flog über den See, um sich ein ruhiges Plätzchen für die Nacht zu suchen.
Plötzlich raschelte auf meiner anderen Seite das Laub. Eine kleine Maus suchte in der Dunkelheit den Eingang in ihr Loch. Meine Füße ertasteten den unebenen Untergrund. Auf den Hauptwegen war der Boden mal knüppelhart und geprägt von Steinen und Schlaglöchern, mal war er sandig und rutschig. Im Wald jedoch war der Boden samtweich und durchzogen von Wurzeln. Die Augen konnten in der Dunkelheit nur erahnen, wie der Boden sich verhielt. Gleichwohl das Mondlicht durch die Bäume schimmerte und alles in einem dämmrigen Licht erscheinen ließ. Die Füße durften jeden Zentimeter ertasten. Schnell gewöhnten sich meine Füße daran und wurden mit jedem Schritt sicherer. Ab und an war versperrte ein umgestürzter Baum den Weg oder es lagen kleinere Äste auf dem Weg, die es zu überwinden galt. Ich war fasziniert davon, dass genau in jenem Augenblick, wo die Passage herausfordernder wurde, die Wolken vor dem Mond wegzogen und das Licht unseren Weg erhellte. Gerade hell genug, um zu sehen wo ich hintreten durfte und wie ich das Hindernis am besten überwinden konnte.
Ab und an blieben wir am Wasser stehen und genossen das Mondlicht, die Stille des Waldes und waren eins mit uns. Der Anblick des Mondes in der Nacht, allein im Wald, machte etwas mit mir. Ich fühlte mich geerdet, gesegnet und in einer gewissen Intimität mit mir selbst. Meine Gedanken beruhigten sich vom Tag. Ich nahm die unterschiedlichen Gerüche wahr. Der Waldboden roch modrig und erdig, wie nur Waldboden riechen kann. Die großen alten Bäume am Wasser strahlten eine ruhige Energie aus, die mich im Herzen erfasste und mit ihnen verband. Der Duft von geschlagenem Holz schwang in der Luft mit. Und meine Lunge zog sich beim Einatmen der kalten Winterluft zusammen. Die Kälte kribbelte auf der Haut in meinem Gesicht. Doch mein restlicher Körper war wohlig warm eingepackt in die vielen Lagen Kleidung. In mir stieg der sehnliche Wunsch auf, solch eine Wanderung mal allein zu machen. Allein im Wald bei Vollmond, fern jeglicher Dörfer oder Städte. Ohne weitere Lichtquellen wie Taschenlampen zu nutzen. Einzig verbunden im Einklang mit der Natur. Ob ich mir das wirklich zutraue, weiß ich noch nicht. Aber die Sehnsucht ist da. Ich nehme sie wahr und wiege sie in meinem Herzen.
Dieses Gefühl, vom Wald umhüllt und geschützt zu sein, ist absolut magisch. Und diese paar Stunden, vielleicht waren wir drei Stunden unterwegs, hinterließen in mir eine Innere Ruhe, die ich lange nicht mehr gespürt habe. Die Zeit war für mich absolut nebensächlich in den letzten Stunden. Ich war eins mit mir selbst und mit der Natur. Ich genoss das Sein. Kein Müssen – Sollte – Können. Einfach nur Sein! Ich für mich, jede für sich und wir gemeinsam. Im Mondschein in diesem Wald war jede für sich gegangen und gleichzeitig waren wir als Gruppe verbunden. Das war wunderschön zu spüren und ich kann nur von Herzen empfehlen, dies mal auszuprobieren, wenn es dir möglich ist.
Die Natur ist immer um uns herum. Und es ist ein leichtes sich mit sich selbst zu verabreden und in den Wald zu gehen. In der Gruppe bedarf es möglicherweise etwas weniger Mut als allein. Doch dieses Abenteuer kann ich Dir wirklich nur empfehlen auszuprobieren.
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Herzliche Grüße
deine Kräuterfee